Fahrbericht: Volvo XC90 (2015)
„Grattis, Volvo!“

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13 Jahre. 13 Jahre lang stellte Volvo seinen 2002 eingeführten (alten) XC90 her. Bis auf ein Facelift wurde er nie verändert. Diese 13 Jahre sind eine verdammt lange Zeit für einen Autohersteller, liegt der durchschnittliche Zyklus für Modellwechsel doch bei etwa sieben Jahren. Dies kam unter anderem auch dadurch zustande, dass die alte Mutter Ford irgendwann kein Interesse mehr an dem schwedischen Autobauer hatte und deshalb auch nicht bereit war, Geld zu investieren. Mit dem Volvo-Verkauf von Ford an den chinesischen Geely-Konzern, gab es 2010 eine ordentliche Finanzspritze für Volvo. Insgesamt flossen etwa elf Milliarden Dollar in neue Werke, das künftige Programm und eine neue technische Plattform, auf der in Zukunft alle Modelle basieren sollen. Volvo-Chef Håkan Samuelsson hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 die Zahl der verkauften Autos fast zu verdoppeln – nämlich auf etwa 800.000 Stück

Die ersten, die einen rundum erneuerten XC90 in Empfang nehmen durften, waren diejenigen gutbetuchten Volvo-Fans, die sich eines der weltweit auf 1927 Exemplare limitierten Sammlerstücke der Volvo XC90 First Edition gesichert hatten. Die Anzahl der Modelle geht auf das Gründungsjahr von Volvo zurück. Die kaum Wünsche offen lassenden, 90.200€ teuren Sondermodelle waren innerhalb von weniger als 48 Stunden verkauft.

Seit dem 13. Juni steht der neue XC90 endlich auch bei den Händlern und hat mit seinem Vorgänger nicht mehr viel gemeinsam. Dafür kann er aber locker mit seiner Konkurrenz mithalten – außer vielleicht im Bereich der Motoren.

Doch wie sieht er aus, der schwedische Neuanfang ?
Das modernisierte, neue Flagschiff der Schweden ist ein ziemlich riesiges Auto: 4,95m lang, 1,93m breit, 1,77m hoch und zwei Tonnen schwer. Trotz dieser Maße und seinen bis zu sieben Sitzen ist er kein ungemütlicher Panzer, sondern ganz im Gegenteil ein überraschend stilvoller, schlichter und gemütlicher Wagen, der durch klare, sanfte Linien und elegante Leuchten besticht. Thomas Ingenlath, früherer Leiter des VW Design Centers, und seinem Team ist es in meinen Augen hervorragend gelungen, den Volvo irgendwo zwischen dem sehr sportlichen Aussehen des BMW X5 und der Ruhe und den Rundungen des Audi Q7 zu positionieren. Der Testwagen verfügt über das Urban Luxury Design Paket (4.625€ Aufpreis), wodurch er etwas bulliger aussieht als die Serienversion. Zum Paket gehören Frontspoiler- und Heckschürzeneinsätze aus Edelstahl, Dekorrahmen vorn in Chrom-Optik, Seitendekor in Wagenfarbe, integrierte Sport-Endrohre und Trittbretter aus Edelstahl mit integrierter Beleuchtung.

SPA

Der XC90 basiert als erstes Modell auf der Plattform mit der wohlklingenden Abkürzung SPA („Skalierbare Produktarchitektur“). Diese ist mit den modularen Baukästen des Volkswagen-Konzerns zu vergleichen. So kann zukünftig die gesamte Modellpalette auf den gleichen Modulen, Schnittstellen, skalierbaren Systemen und Komponenten aufbauen und in einem flexiblen Produktionssystem gefertigt werden. Alle Volvo Modelle rollen also künftig von einer Linie, unabhängig von ihrer Größe, Spurbreite, Radständen etc. Elf neue Modelle sollen es bis 2019 werden. Der heute neue XC90 wird dann schon wieder das älteste Modell sein. Die Zyklen für Modellwechsel und –modernisierungen scheinen in Zukunft deutlich kürzer zu werden.

Eine weitere Gemeinsamkeit bei fast allen zukünftigen Volvo-Modellen wird Thor’s Hammer sein. So nennen sie bei den Schweden die Tagfahrleuchten des XC90. „Die T-förmige Grafik nimmt formal Bezug auf den Kriegshammer, die magische Waffe des Gottes Thor aus der nordischen Mythologie“, so Designchef Ingenlath. Zumindest in Kombination mit dem Urban Luxury Design Paket bekommt man bei einer Autobahnfahrt auf der linken Spur von den vorausfahrenden Fahrzeugen angenehm schnell Platz gemacht.

Motorisierung

Motorentechnisch hat Volvo den XC90 auf Diät gesetzt. Während sich die meisten SUVs der Wettbewerber mit acht oder zumindest sechs Zylindern verkaufen, stehen den Volvo-Kunden zum Verkaufsstart drei Motorvarianten zur Auswahl. In allen Fällen handelt es sich um Vierzylinder mit zwei Litern Hubraum und mehrfacher Aufladung. Dadurch soll der Verbrauch gesenkt werden, was in den Broschüren gut aussieht:

Diesel:

  • D5 mit 165 kW (225 PS; 5,7 Liter / 100km; ab 53.400€)

Benzin:

  • T6 mit 235 kW (320 PS; 8,0 Liter / 100km; ab 57.700€)
  • T8 mit 400 PS (Plug-in-Hybrid Twin Engine; T6 + 80 PS E-Motor; 2,7 Liter / 100km; ab 77.000€; Verbrauchsangabe bezieht sich auf die ersten 100km bei vollem Akku)

Im September und zum Jahresende folgen noch zwei weitere Varianten:

  • Diesel D4 mit 190 PS (Grundpreis: 49.400€)
  • Benzin T5 mit 245 PS (Preis noch unbekannt)

Viele Kunden werden es – zumindest zu Beginn – nicht sein, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen: Für das Jahr 2015 rechnet man bei Volvo mit einem ca. 83%igen Anteil des D5 an allen Bestellungen. Solange man mit dem XC90 gemütlich unterwegs sein möchte, hier und da auch mal ein bisschen flotter, gleichzeitig aber verbrauchs- und geräuscharm, trifft man hiermit garantiert eine gute Entscheidung.

Im Test fällt jedoch auf, dass der XC90 sich sehr schwer tut, wenn man es nun doch einmal etwas eiliger hat. Bis ungefähr 190km/h gibt es auch an der Beschleunigung nichts auszusetzen. Die Beschleunigung darüber hinaus verlangt dem Schweden-SUV mit dem D5-Motor jedoch schon ordentlich was ab, weshalb es mit der angenehmen, wohltuenden Ruhe dann vorbei ist. Ob dies eine Einschränkung darstellt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich persönlich bin der Meinung, dass man in einem solchen Schiff nicht unbedingt permanent über die Autobahn rasen muss und sich der D5 für den alltäglichen Gebrauch mehr als eignet.

Soll es auch mal ins Gelände gehen oder aber spritsparend gefahren werden, kann man mit Hilfe eines Wählrades einen der vier Fahrmodi Comfort, Eco, Dynamic und Off Road einstellen. Dies hat Auswirkungen auf Motor, Getriebe, Lenkung, Bremsen und Fahrwerk.

Viele andere Testberichte schreiben über die optionale Luftfederung, über die mein Testfahrzeug nicht verfügte. Diese ermöglicht eine Erhöhung bzw. Absenkung der Bodenfreiheit um bis zu fünf Zentimeter, wodurch auf Knopfdruck sowohl das Be- und Entladen als auch das Ein- und Aussteigen erleichtert werden. Die Investition der hierfür fälligen 2.560€ ist laut weitläufiger Meinung sehr zu empfehlen.

Innenraum

Die Insassen müssen sich definitiv nicht einschränken. Der XC90 ist ein reines Platzwunder, bietet je nach Anzahl der aufgebauten Sitze und Sitzreihen zwischen 314 Liter (bei vollständiger 7er-Bestuhlung) über 692 Liter bis hin zu 1868 Liter Kofferraumvolumen. Die schmalen Sitze bieten auch den Mitfahrern in der zweiten und dritten Reihe überraschend viel Bein- und Kniefreiheit. Darüberhinaus ist die zweite Sitzreihe in drei Einzelplätze unterteilt, von denen jeder separat vor und zurück gerückt und flachgelegt werden kann, gegen Aufpreis passiert das Ganze auch elektrisch.

Das optionale Panorama Glas-Schiebedach (welches sich übrigens beim Parken in der Sonne automatisch abdunkelt) erhellt den wunderschönen, in Leder und Holz gehaltenen Innenraum herrlich. Insgesamt zeichnet dieser sich durch Schlichtheit und Eleganz aus. Absolutes Highlight ist neben einem wohlgeformten Lenkrad, den komplett digitalen Instrumenten und dem in seiner Höhe und Position verstellbaren (sehr praktisch!) Head-Up-Display der tablet-artige 9”-Touchscreen á la Tesla in der Mittelkonsole. Fairerweise muss man sagen, dass der Monitor im Tesla noch deutlich größer ist.

Innenraum – Touchscreen

Das 13cm mal 18cm große Touchpad mit dem schwarzen Rahmen ist das Herzstück aller Einstellungen: Klima, die Sensus Navigation, Multimedia, Radio. Es gibt – ähnlich wie von Smartphones und Tablets gewöhnt – einen Menü-Button, mit dem man immer wieder in eine Hauptübersicht gelangt. Die Bedienung ist komplett selbsterklärend, reagiert schnell auf Zoom-, Wisch- und Drückgesten. Eine intuitivere Bedienung ist im Grunde nicht möglich.

Insgesamt haben nur sieben Knöpfe in der Mittelkonsole die Neugestaltung überlebt. Diese sind unter dem Touchscreen angeordnet und ermöglichen das Ein-/Ausschalten des Warnblinkers, Front- und Heckscheibenheizung, das Zurückspulen, Vorspulen und Anhalten des Audiosystems und das Öffnen des Handschuhfaches.

Eben dieses Herzstück war auf den Pressebildern immer der einzige Teil des Wagens, der mir vom Stil nicht gefallen hat. In Kombination mit den Lüftungsdüsen links und rechts, erinnerte mich das ganze Modul immer eher an einen Elefantenschädel, wobei die Lüftungen sozusagen die Ohren des Elefanten darstellten. Live und in Farbe habe ich mich aber nach kurzer Zeit an die Mittelkonsole gewöhnt und finde, dass sie durchaus in den Innenraum passt.

Was mir hingegen nicht zusagt, ist der drehbare Start-Stop-Knopf und das Rad zum Wählen des Fahrmodus. Das an Diamantschliff erinnernde Design und die abgerundeten, abgeschliffenen Ecken passen nicht zum Stil der sonstigen Einrichtung. Aber über Geschmack lässt sich ja glücklicherweise streiten.

Preis

Wie bereits erwähnt ist der Volvo derzeit mindestens 53.400€ teuer. Ab September wird der Einstiegspreis dann mit dem D4 unter die 50.000€-Marke gedrückt. Die Liste der Sonderausstattungen ist lang und vielseitig. Traditionell starten die Volvos mit vier Ausstattungslinien Kinetic, Momentum, R-Design und Inscription. Darüber hinaus gibt es neben dem Premium-HiFi-System von Bowers & Wilkins für 3.280€, LED-Scheinwerfern für 1.750€, dem Head-up-Display für 1.350€, der elektrisch öffnenden Heckklappe für 540€ oder den 22-Zoll-Rädern noch allerlei mehr oder weniger wichtigen Schnickschnack. Möchte man den XC90 ein wenig individualisieren und besser ausstatten, knackt man problemlos die 75.000€-Marke. Insgesamt liegt der XC90 damit auf einem ähnlichen Preisniveau wie seine deutsche Konkurrenz von Mercedes, BMW oder Audi – qualitativ aber eben auch.

Sicherheit

Thema Sicherheit: Wie soll es anders sein? Natürlich verbauen die Sicherheitskönige und Erfinder des Dreipunktgurtes von Volvo auch in ihrem neuen Flagschiff allerlei Assistenzsysteme, von denen zwei besonders erwähnenswert sind:

Der Park Assist Pilot navigiert auch das 4,95m-Schiff problemlos in jede Parklücke. Der intelligente Einparkassistent hilft bei der Suche nach dem geeigneten Parkplatz, sowohl parallel zur Fahrbahn (hier reicht schon die 1,2-fache Fahrzeuglänge) als auch quer zur Straße gelegen. Sobald diese gefunden ist, übernimmt der Assistent – geleitet von zwölf Ultraschallsensoren – die Lenkeinschläge und fährt das Fahrzeug in die Parklücke und später auch wieder heraus. Der Fahrer muss nur noch den Anweisungen folgen und Gas- und Bremspedal betätigen. Anfangs bedarf es einer großen Portion Vertrauen, weil man permanent der Meinung ist, dass die Motorhaube doch länger ist als in Wirklichkeit und man droht, etwas anzufahren. Aber im Praxistest erweist sich die Einparkhilfe als tadellos und große Unterstützung, den Koloss sicher zu manövrieren.

Der IntelliSafe-Assistent verfügt über diverse Bestandteile, unter anderem die „Adaptive Geschwindigkeitsregelanlage mit Abstandsautomatik (ACC)“ und den „Stau-Assistent Stop & Go und Lenkassistent“. Diese Systeme ermöglichen im Stau und stockendem Verkehr autonomes Fahren bis zu Geschwindigkeiten von 50km/h, weil der XC90 bis zum Stillstand herunterbremsen und auch automatisch wieder anfahren kann. Den jeweils einzuhaltenden Abstand zum Vordermann kann der Fahrer dabei selbst definieren.

Darüberhinaus wartet der XC90 auch mit zwei Weltneuheiten auf:

  • Der Kreuzungs-Assistent ist eine Art Notbremshilfe, die zukünftig auch auf den linksabbiegenden Gegenverkehr und den Querverkehr an Kreuzungen reagiert, einschließlich Fußgänger und Fahrradfahrer. Das Ganze funktioniert auch nachts bei schlechten Lichtverhältnissen und achtet auch auf Fußgänger und Radfahrer.
  • Die „Run Off Road Protection“ schützt die Insassen, wenn der XC90 doch einmal ungewollt von der Straße abkommt. Dabei werden automatisch die Gurte gestrafft, wodurch die Insassen solange fest an den Sitzen gehalten werden, bis das Fahrzeug zum Stillstand kommt. Außerdem sind die Rahmen und Polster der Sitze so gestaltet, dass sie die Aufprallenergie möglichst gut absorbieren, um so die Wirbelsäule der Insassen zu schützen.

Volvo hat sich mit seiner Vision 2020 zum Ziel gesetzt, dass im Jahr 2020 kein Mensch mehr in einem oder durch einen neuen Volvo ums Leben kommen oder schwer verletzt werden soll. Die neuen Assistenzsysteme sind ein weiterer Schritt in diese Richtung und es werden in den kommenden Jahren noch einige weitere Systeme hinzukommen, um dieses sehr ambitionierte, aber lobenswerte Ziel zu erreichen.

Fazit

Der angegebene Verbrauch von kombinierten 5,8 Litern / 100km konnte im Test nicht eingehalten werden und lag eher bei etwas über 9,0 Litern / 100km – zugegebenermaßen bei ziemlicher flotter Fahrt. Für einen über-2-Tonnen-Kollos ist das aber keineswegs übertrieben.

Volvo meldet sich eindrucksvoll zurück im Bereich der Luxus-SUV. Es mag lange gedauert haben, aber die Wartezeit hat sich gelohnt. Der XC90 glänzt mit einem stilvollen und hochwertigen Innenraum, selbstbewusstem schwedischen Design, simpler und zeitgemäßer Bedienlogik der Instrumente und einem großzügigen Raumangebot. Die Motorenpalette sollte für jeden Fahrertypen und Geschmack einen passenden Motor bereithalten. Preislich reiht er sich bei den direkten Konkurrenten ein und setzt im Bereich der Sicherheit – wie von Volvo gewohnt – Ausrufezeichen. Man darf gespannt sein, welche Modelle und Modellreihen Volvo in Zukunft durch die SPA modernisiert und entwickelt. Als nächstes ist wohl erst einmal die Limousine S90 dran, danach möglicherweise ein Coupé und kleinere Reihen.

Der neue XC90 hat das Zeug zum Bestseller. In Zukunft wird man Thor’s Hammer häufiger im Rückspiegel und kurz darauf das schwedische Schloss auf Rädern vorbeifahren sehen: Schon vor der ersten Auslieferung gab es weltweit über 30.000 Bestellungen, die Lieferzeit beträgt zurzeit ca. April 2016. All das ist ein Beweis dafür, dass das Design- und Entwicklungsteam ganze Arbeit geleistet hat.

„Grattis, Volvo!“ – wie man in Schweden sagen würde.

Keyfacts

Car: Volvo XC90 D5 AWD, Osmium Grau-Metallic

Client: Auto Reichold GmbH & Co. KG

Location: Frankfurt, Germany

Date: July 2015

Das letzte Kommentar und 10 weitere Kommenar(e) müssen genehmigt werden.
1 Kommentar
  1. seo
    seo sagte:

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