Arbeitstier?! Lifestyle-Pickup?! Beides?!

Als ich vor kurzem von Volkswagen Automobile Frankfurt die Anfrage erhielt, ob ich Interesse hätte, den VW Amarok zu testen, war ich zugegebenermaßen doch etwas überrascht. Amarok? Das ist doch ein Fahrzeug für Bauunternehmer, Förster, Gärtnereien, aber nicht für den Privatgebrauch.
Ich hatte direkt den aktuellen TV-Spot vor Augen, in dem ein Amarok in den französischen Alpen in Actionfilm-Manier auf „einem der extremsten Flughäfen der Welt“ mit ziemlich kurzer Startbahn einem Segelflieger zum Start verhilft. Wahrscheinlich auch nicht unbedingt eine Aufgabe, die er im Privatbesitz häufig erfüllen muss.
Aber wie ist es denn jetzt um die Alltagstauglichkeit des Amarok bestellt? Zunächst wollte ich mich kurz über das Fahrzeug informieren, gehe dafür auf volkswagen.de und muss nach mehrmaligem Durchlesen des „Modelle“-Dropdown-Menüs feststellen, dass der Amarok dort einfach nicht zu finden ist. Die Antwort gibt es auf volkswagen-nutzfahrzeuge.de, wo der neue Amarok ganz präsent in der Auswahlliste und auf der ersten Bühne der Homepage beworben wird. So viel zum Thema Fahrzeug für den Privatkunden.
ABER es geht hier ja um den neuen Amarok. Und was ist neu am neuen Amarok?
VW hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Amarok vom Arbeitstier, einem Fahrzeug fast ausschließlich für Gewerbetreibende, in die Lifestyle- und Premium-Kategorien umzupositionieren. Dabei geht es immer um den Spagat zwischen Asphalt und Gelände.
Während in Sachen Optik und Design eher kleinere Änderungen vorgenommen wurden (wie beispielsweise ein leicht veränderter Kühlergrill) versteckt sich die Hauptneuerung unter der Motorhaube. Erstmals kommt im neuen Amarok der von Audi und aus dem VW Touareg bekannte Sechszylinder-Diesel zum Einsatz, den es in drei Leistungsstufen gibt (163 PS, 204 PS, 224 PS). Mein Testwagen war ein VW Amarok in der Top-Ausstattung Aventura, der mit dem stärksten V6 und einer Achtgang-Automatik daherkommt. Das maximale Drehmoment ist auf bis zu 550 Newtonmeter gesteigert worden und die Anhängelast auf bis zu 3,5 Tonnen.
Und genau hier sind wir schon beim Spagat zwischen Arbeitstier und kompromisslosem Fahren auch auf asphaltierten Straßen und ohne Anhängelast. Der neue Amarok beschleunigt in 7,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 193 km/h. Durchaus beeindruckend!
Die Doppelkabine ist der nächste Schritt weg von Gewerbetreibenden hin zu Privatkunden und Fahrten mit der ganzen Familien. Single-Cab-Modelle werden in Europa eingestellt.
Ebenfalls überzeugt das Interieur, welches weniger Nutzfahrzeug-Feeling ausstrahlt als vielmehr den Premium-Gedanken in den Amarok bringt. Wie es sich heutzutage gehört, führt die Ausstattungsliste diverse Multimedia-Ausstattungen auf, wie zum Beispiel Smartphone-Schnittstellen, Car-Net App-Connect, Soundsystem, ein großes Navigationssystem und vieles mehr.
Gleichzeitig eben aber auch die abrieb- und steinschlagresistente Laderaumbeschichtung, Verzurrösen zur Ladegutsicherung, Roll-Cover und den Pritschenbodenrahmen mit Ladeboden. Dazu kommen weitere Sonderausstattungen, die man in einem klassischen Nutzfahrzeug wiederum eher nicht erwartet, wie der Dachhimmel in Komfortausführung, die Lederummantelung von Handbremshebel und Schaltknauf, das Multifunktionslenkrad mit Schaltwippen oder die „ergoComfort“-Sitze mit 14-Wege-Einstellung.
Aus den Unterseiten der Trittbretter (die zum Einsteigen übrigens sehr praktisch sind, da der Amarok ja ein recht hohes Auto ist) strahlen neuerdings LED-Spots auf den Boden, was tatsächlich ziemlich schick aussieht. Praktischerweise sind die Spots so eingebaut und konstruiert, dass die Leuchtleistung nicht beeinträchtigt wird. Selbst dann nicht, wenn an den Trittbrettern unten alles voller Schlamm und Matsch und Dreck ist.
Ein Highlight sind die optionalen, 14-fach verstellbaren Fahrer- und Beifahrersitz „ergoComfort“. Die Sitze sind besonders ergonomisch, unfassbar bequem und machen Lust auf lange Fahrten im neuen Amarok. Einstellbar sind Längsposition, Sitzhöhe, Sitz- und Lehnenneigung und längs verschiebbare Oberschenkelauflagen. Hinzu kommen Höhenverstellung der Kopfstütze, elektrische 4-Wege-Lendenwirbelstütze mit Massage- und Memoryfunktion, die die bevorzugte Sitzeinstellung und die Justierung der elektrischen Außenspiegel speichert.
VW Amarok 3.0 V6 TDI
Volkswagen Automobile Frankfurt
Frankfurt, Germany
December
Es ist schon verwunderlich, dass im Zuge eines Facelifts gleich eine ganze Motoroption eingestampft wird und selbst die günstigste Basisversion jetzt mit einem größeren und stärkeren Motor daherkommt. Das passt aber zum neuen Motto von VW in Sachen Amarok, das vorsieht, aus dem Fahrzeug ein Premium-Lifestyle-Pickup zu machen.
Der neue Amarok wusste mit seiner Leistung zu überzeugen, wenngleich er in Sachen Alltagstauglichkeit teilweise an seine Grenzen stößt. Trotz alledem bin ich nach dem Test mehr als zuvor der Meinung, dass der neue VW Amarok sehr wohl auch ein Auto für Privatkunden ist, die vielleicht bislang SUV fahren und denen aufgrund der deutlichen Premium-Ausstattung – vor allem im Innenraum – der Umstieg zum Pickup leicht fallen wird.
Ob der Amarok nach wie vor trotzdem noch als richtiges Arbeitstier durchgeht, habe ich nicht getestet. Möglicherweise ist den Gewerbetreibenden schon „zu viel“ Premium und Schnickschnack im neuen Modell verbaut, mir jedenfalls hat er für die Mischung aus Gelände und Asphalt sehr zugesagt.
Das Sondermodell Aventura (mit dem 224PS starken V6 TDI, 4Motion-Allradantrieb, verlängerter Doppelkabine, 20-Zoll-Felgen, BiXenon-Scheinwerfern und LED-Tagfahrlicht) gibt es für 55.525 Euro. Nicht ganz günstig, das ganze hat also schon seinen Preis, aber das mit dem „Premium“ ist eben nicht nur ein Marketingspruch, sondern zieht sich durch alle Ebenen des Fahrzeugs.
Ab Q2 2017 soll es den neuen Amarok dann auch mit dem 163PS starken V6 TDI, Heckantrieb und der Ausstattunglinie Trendline geben ab einem Einstiegspreis von 25.720 Euro geben.
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