Sechs gewinnt

Moin Moin aus Hamburg. Lange nichts mehr los gewesen hier auf dem Blog. Zur Wiedergutmachung starte ich direkt mit einem richtigen Highlight ins Jahr 2018: dem neuen Audi RS4 Avant. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Auto Wichert, dem Autohaus für Hamburg und Norderstedt mit insgesamt 17 Betrieben.
Wer meinen Blogbeitrag zum A4 gelesen hat, weiß wie begeistert ich vom Auto an sich war. Wer meinen Beitrag zum S5 gelesen hat, weiß wie begeistert ich von der Sportlichkeit und der Performance war. Was könnte es also besseres geben, als das beste aus beiden Fahrzeugen zu kombinieren und sogar noch etwas mehr Power hinzuzufügen? Genau, nichts.
Deshalb hole ich eine Woche nach Markteinführung an einem Januarmorgen im Norden Hamburgs bei Auto Wichert einen brandneuen – mittlerweile in der vierten Generation – Audi RS4 Avant in Mythosschwarz Metallic ab. Ein paar Eckdaten zum Fahrzeug höre ich mir vom Verkaufsberater noch an, dann juckt es mir in den Fingern: ich möchte los, raus auf die Straße mit dem Kraftpaket! Als ich kurz darauf den Motor im Parkhaus starte, zuckt es kurz im ganzen Körper und das Grinsen auf den Lippen verschwindet erst einmal nicht mehr. Eben dieser Sound beim Starten brachte mich während meines Tests mehrfach in die Situation, dass ich mich fast für das kurze Grummeln beim Anlassen entschuldigen musste. So habe ich mehrfach „beweisen“ müssen, dass ich nicht etwa direkt nach dem Anlassen schnell den Fuß vom Bremspedal aufs Gaspedal wechsle und Standgas gebe, sondern dass das Aufheulen eben dazu gehört. Es ist nunmal kein A4, sondern ein RS4. Manche mögen es übertrieben oder unnötig finden, den Nachbarn mag es frühmorgens stören, mich hat es bei jeder Betätigung des Startknopfes wieder beeindruckt.
Der neue Audi RS4 Avant erhält nach 2015 wieder ein Update. Und das kann sich definitiv sehen lassen: Er bekommt extra für ihn geformte Stoßfänger, einen flacheren Kühlergrill mit Wabenmuster und verbreiterte Radhäuser. Die 20 Zoll Leichtmetallräder des Testwagens im 5-Doppelspeichen-Edge-Design in Verbindung mit den rot lackierten Bremssätteln stehen dem Wagen unglaublich gut. Wäre ich der Fahrzeugdesigner, hätte ich dem neuen RS4 die Heckleuchten vom Audi A6 verpasst, weil ich diese schöner finde, aber das ist Geschmackssache.
Der RS4 kommt als Avant und – wie auch schon der RS5 – mit dem nachgeschärften Sechszylinder Turbo. Man mag dem Achtzylindersauger nachtrauern, tut damit allerdings dem neuen RS4 unrecht. Der nur 2,9 Liter große V6-Motor kommt mit doppelter Turboaufladung daher und weiß mit seinen 331 kW / 450 PS und einem maximalen Drehmoment von 600 Nm, das schon ab 1.900 U/min und dann durchgehend bis 5.000 U/min zur Verfügung steht, zu überzeugen. Außerdem geht der RS4 dank Downsizing in diesem Fall auch wieder zurück zu seinen Wurzeln, denn im allerersten RS4 steckte ebenfalls ein Sechsender.
So sprintet der 1,8 Tonnen schwere Audi RS4 Avant in 4,1 Sekunden aus dem Stand zur 100km/h-Marke und lässt bis zum Erreichen der 200km/h nicht nach. Danach geht es etwas langsamer, aber immer noch schnell genug weiter. Geschaltet wird per Achtstufen-Sportautomatik. Dank Allradantrieb, elektronischer Differentialsperre und selbstsperrendem Torsen-Differential reagiert er spontan und sicher ohne durchdrehende Reifen.
4,1 Sekunden sind 0,7 Sekunden schneller als der Vorgänger. Bei 250km/h ist dank elektronischer Abriegelung eigentlich Schluss. Aber eben auch nur eigentlich, denn es gibt natürlich die Möglichkeit, bei der Spitzengeschwindigkeit noch etwas draufzulegen. Für knapp 6.000 Euro gibt es im Dynamik-Paket eine Anhebung der Vmax auf 280km/h, eine noch direktere Lenkung, RS-Sportfahrwerk, quattro mit Sportdifferenzial, Matrix-LED-Scheinwerfer und adaptive Stoßdämpfer. Die Sport-Kur vervollständigt dann noch für 1.200 Euro die zweiflutige Sportabgasanlage mit ovalen Endrohren für ein gesteigertes Sounderlebnis.
Am meisten Spaß macht der RS4, wenn man immer wieder austestet, wie er auf der Autobahn beim beherzten Tritt aufs Gaspedal pfeilschnell antritt, die linke Spur entlang jagt, um dann die nächste Kurvenkombination mit einem fantastischen Gefühl und – dank optimal abgestimmten Fahrwerk – einer gewissen Gelassenheit zu meistern und im Anschluss wieder unter zornigem Grummeln hochzubeschleunigen.
Die zugegebenermaßen ziemlich schlechte Beschaffenheit der Autobahn A1 machte es dann doch immer mal wieder nötig, den Dynamic-Modus zu verlassen. Zum Glück macht der RS4 auch in den anderen Fahrmodi eine super Figur und grundsätzlich sind Leute, die Wert auf ihren Führerschein legen, gerade im Stadtverkehr gut beraten, nicht die ganze Zeit im Dynamic-Modus unterwegs zu sein.
Bisher weiß der neue Audi RS4 auf voller Linie zu überzeugen. Ob sich daran im Innenraum etwas ändert? Um die Spannung vorwegzunehmen: Nein!
Sich in einen neuen Audi zu setzen, fühlt sich immer wieder an wie nach Hause zu kommen. Es macht sich eine gewisse Gewohnheit breit, die Anordnung der Knöpfe, Schalter und Tasten ist gelernt, ergibt Sinn und man fühlt sich einfach wohl. Die S Sportsitze bieten unübertroffenen Seitenhalt in sehr sportlichem und hochwertigem Design. Die Kopfstützen dürften allerdings gerne etwas höher, bzw. überhaupt in der Höhe verstellbar, sein. Aber auch die Fondpassagiere haben ausreichend Platz im RS4 Avant. Wenn bei der Zusammenstellung des Fahrzeugs dann noch die Lederausstattung Feinnappa mit Wabensteppung und roten Kontrastnähten, RS-Designpaket, Sitzheizung vorn und hinten, Dekoreinlagen Aluminium Race anthrazit ausgewählt wurden, bleiben in Punkto Komfort nicht mehr viele Wünsche übrig. Technische Highlights wie das MMI Navigation plus mit MMI touch, das Audi Smartphone interface, rahmenloser Innenspiegel, Audi virutal cockpit und das Bang & Olufsen Sound System mit 3D Klang setzen dem Ganzen die Krone auf.
Das Audi virtual cockpit in Verbindung mit dem MMI Navigation plus mit MMI Touch ist in meinen Augen nach wie vor das schönste und kompletteste Navigations-Kombiinstrument auf dem Markt.
Zwei Haken gibt es dann aber doch.
Zwei Haken habe ich dann im Innenraum doch noch gefunden, auch wenn einer davon nicht ganz neu ist, da ich ihn auch schon im Beitrag zum A4 moniert hab: Nach wie vor fehlt mir für längere Strecken eine Möglichkeit, meinen linken Arm entspannt abzulegen. Die Fensterhöhe ist zu hoch und dadurch ungemütlich, die eigentliche Armauflage ist zu tief und dadurch auch ungemütlich.
Was beim RS4 noch störend hinzu kam war, dass der Beifahrergurt die ganze Zeit gegen die Säule klappert, wenn kein Beifahrer mitfährt. Das ging so weit, dass ich den Beifahrergurt sogar angeschlossen habe, wenn ich alleine unterwegs war, weil das Geklappere nach einiger Zeit zu nervig wurde.
Aber es macht ja sowieso am meisten Spaß, die Freude an so einem Auto mit anderen Menschen zu teilen.
Falls das Teilen der Freude über eine kleine Ausfahrt hinausgehen soll, ist das Ladevolumen mit 505 bis 1510 Litern absolut ausreichend, wenn auch nicht riesengroß. Die Rücksitzbank ist im Verhältnis 40:20:40 umklappbar, die Ladekante auf einer angenehmen Höhe. Apropos Volumen: Das Fassungsvermögen des Tanks ist mit 58 Litern für einen Familienkombi, der mit Sicherheit gerne auch mal etwas sportlicher gefahren wird, schon eher knapp bemessen. Der Normverbrauch liegt bei 8,8 Litern Benzin auf 100km, damit würde der RS4 immerhin über 600km weit kommen. Würde man vielleicht auch erreichen, wenn man die ganze Zeit gemächlich durch die Stadt gleitet. Aber eben auch nur „würde“, denn wir alle wissen, wie das mit dem Normverbrauch und dem tatsächlichen Verbrauch nunmal so ist und dass man sich eben auch kein 450 PS starken Powerkombi kauft, wenn man damit nicht auch mal auf der Autobahn die Leistung herauskitzeln möchte. Während meines Fahrtests bin ich eher auf einen Durchschnittsverbrauch um die 12,5 Liter/100km gekommen, wobei ich dazu sagen muss, dass ich nur sehr wenige Strecken übermäßig verbrauchsoptimiert und in „efficiency“ oder „comfort“ gefahren bin 😉
Preislich beginnt der Audi RS4 Avant bei 79.800 Euro. Mit allerlei Zusatzausstattung – und die Extras, die ich bereits im Text erwähnt habe, waren noch lange nicht alle im Testwagen von Auto Wichert – steht am Ende der Detailseite unterm Strich eine Summe von knapp über 93.000 Euro. Natürlich ist auch dieser Wert noch zu toppen, man kann bei der Konfiguration vom Audi RS4 Avant auch locker sechsstellig werden – allerdings fehlt beim Testwagen tatsächlich schon nicht mehr wirklich viel an Ausstattung oder Extras.
The all-new Audi RS4 Avant, 2.9 TFSI quattro tiptronic
Auto Wichert
Hamburg, Germany
January 2018
Für die 93.000 Euro bekommt man dann aber eben auch einen der sportlichsten und schnellsten Kombis, die es zurzeit auf dem Markt gibt inklusive Audi-typischem Understatement. Das nämlich ist eine Sache, die mir an all den Fahrzeugen aus dem Hause Audi Sport so gut gefällt: Ja, sie wirken kräftig mit verbreiteten Radkästen etc. Ja, sie wirken auch exklusiv durch Carbon-Teile, rot lackierte Bremssättel oder schwarz glänzende Außenspiegel. Und trotz allem können sie beim Fahren noch viel mehr entfachen, als man von außen zu glauben mag.
Der neue Audi RS4 Avant ist für mich eigentlich so etwas wie der perfekte Kombi. Kraftvoll, agil, mit einem angenehmen Sound, schön anzusehen, der aber auch eine Ecke moderater und ruhiger kann. Die Kritikpunkte sind größenteils Kleinigkeiten, die nicht über den äußerst positiven Gesamteindruck des RS4 hinwegtäuschen können.
Die Geschichte von Auto Wichert begann vor über 30 Jahren mit 13 Mitarbeitern im Stockflethweg im Norden Hamburgs, direkt an der Grenze zu Schleswig-Holstein. Heute beschäftigt Auto Wichert in 17 Betrieben in Hamburg und Norderstedt über 1.100 Mitarbeiter und vertreibt Fahrzeuge der Marken Audi, VW, VW Nutzfahrzeuge, Skoda und Seat.
Kraftstoffverbrauch kombiniert: 8,8 l/100 km; CO2-Emissionen: 200–199 g/km
Weitere Informationen zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den offiziellen, spezifischen CO2-Emissionen: http://www.dat.de/home.html.
Toller Bericht und tolle Bilder, lieber Justus! Vielen Dank und hoffentlich auf ganz bald 😉